Dienstag, 14. Oktober 2008

Zwei Welten.

Der Asket stand auf einer Säule nahe dem Fluss. Sein kalter Atem stieß sich in das Leben. Sein Denken stocherte im Nichts herum. Ohne ersichtlichen Grund schwammen Fische, Steine lagen im Wasser. Umspült von Sein starb der Asket in das volle Leben hinein. Ganz Gefühl und doch Gedanke geworden, stand in ihm nur noch jenes ferne Wissen von sich selbst: von seinen fleischigen Überbleibseln, seinem Körper und seinen Begierden, jene schmale Erinnerung gewesen zu sein, mehr nicht.

Jene schmale Erinnerung gewesen zu sein... Die Welt hatte ihn damals stumpf gemacht. Die Farben blendeten seine Augen. Die Geräusche der (Wasserfälle, Donner, Grillen, Grasswachsen) alles lies ihn ertauben. Das Essen stumpfte seine Geschmackssinne. Und immer noch: Die Gedanken hielten seinen Geist gefangen. Sein heißes Verlangen nach Leben trocknete ihm sein Herz aus. (Vgl. Laotse: Tao Te King S.24)

Da fiel nun der Regen auf seinn Körper. Jener unatembare Raum, trinkbar mehr nicht. Da schwammen die Fische durch das Wasser ohne ersichtlichen Grund. Das Wasser im Fluss; es floss zum Meer. Das Meer lag tiefer dem Fluss. Die Bäume gruben langsam ihre Wurzeln in das Flussufer. Die Luft drückte auf seinen Brustkorb. Jenes Atembare drang in seinen Leib, wie Gewürm fraß es sich in ihn – sein Leben.
Seit Jahren nun hatte er nicht mehr geschlafen. Die Welt hatte in ihm ihre Augen geöffnet. Die Welt hielt in ihm ein Auge offen. Mit ihm war die Welt zur Welt gekommen. Da nahm der einäugige Prophet Nadel und Faden und schloss eines seiner Augenlider für immer.

Der neue Prophet, zuvor geblendet von seinen Augen, schloss mit Nadel und Faden ein Augenlid. Ein Blick, nach innen, ein Blick und außen, so trennten sich von nun in ihm zwei Welten. Er blickte nun in seinen Schatten hinab und ein atmender Abgrund stieg in ihm auf und ihm quoll die Erkenntnis. Dieses war der Beginn der zwei Welten.

Keine Kommentare: